Montag, 7. August 2006

Fröhliche Frequenzdiskussionen

In Bälde (=vielleicht noch dieses Monat, im Herbst oder erst im Frühling) wird in Wien eine neue Radiofrequenz vergeben. Das Interesse daran ist groß, schließlich kann damit Geld verdient werden. Interessant auch, wie drum herum diskutiert wird.

Der Standard ruft online zur Abstimmung und präsentiert die Konzepte der drei Favoriten. Ein Rockradio (eher die Springsteen-Schiene, also »pre-alternative«), Sunshine wollen eine Art Analogie zum ihrem Clubprogramm on air schicken und Lounge FM ein entspanntes Programm für die arrivierten Acid Jazz Fans, das es in anderer Form schon gibt.

Rein marktanalytisch ist die letztere Schiene wohl am wenigsten besetzt, abgesehen von manchen FM4-Tagen zwischen 10 und 12, Lounge FM würde also am meisten Sinn machen. Musikalisch wäre eine »große Koalition« aus dem Lounge- und dem Sunshine-Konzept nicht uninteressant, und bis heute hat kein Wiener Radio James Brown's "Sexmachine" im Programmfluß integriert. Wenn diese Nummer stimmig in eine der Playlists eingebettet wäre, wüsste ich, wem ich die Frequenz geben würde. Nur, persönlicher Geschmack ist in Marktfragen sekundär.

Wichtig ist zB auch eine gewisse Radiokompetenz. Dass jemand, der etwas anderes gut kann, nicht automatisch gut im Radio ist, haben die im Print erfolgsverwöhnten Fellners mit Antenne Wien eindrucksvoll bewiesen.

Als Nebenprodukt fällt in den Foren zu solchen Themen alles mögliche an. Einerseits natürlich Stellungnahmen und Kritik involvierter Personen, aber vor allem Kommentare nach dem Motto »Mein Traumradio« frei von Realitätsbezug. Das erinnert mich dann ein wenig an die einsamen KämpferInnen, die sich beim DJ unbedingt etwas (meist völlig Unpassendes) wünschen müssen, während die anderen tanzen.

Im Moment fließen die Rundfunkgebühren nicht mal dem ORF direkt zu, es ist also unwahrscheinlich, dass jemand anderer was davon kriegt. Qualitätsredaktionen sind teuer. Wie man als Privater ein »Ö1 Light« finanzieren sollte, bleibt also ungeklärt. Dass in solchen Mediendiskussionen Unterschiede zwischen öffentlich-rechtlichen, privaten und freien Medien nicht geläufig sind, liegt vielleicht daran, dass in Österreich der Fall des ORF-Monopols noch nicht lang her ist.

Als DJ muss man die Gesamtheit im Auge behalten, die Wünsche einzelner können darüber etwas aussagen, müssen aber nicht. Die Statistik sagt über den Einzelfall nichts aus, DJs wie Radiomacher können sich nur auf ihr Gefühl verlassen. Ein Massenmedium kann nur ein Kompromiss sein.
Die exakte Befriedigung der einzelnen Bedürfnisse zu erwarten ist Blödsinn. Wahllos auf Hits und Prominenz, also die Statistik, zu setzen ein Millionengrab.

Ob das alles für die Frequenzvergabe tatsächlich relevant sein wird, werden wir aber auch nie erfahren.

u-wort

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