Freitag, 19. Mai 2006

Von der Fremde und Verhirnung

Die Geschichte von Alfred Dorfers neuem Kabarett „fremd“ und warum zu viel graue Zellen schnell mal grau wirken. Eine Kritik.

Aufgeregtes Gemurmel im Audimax der Universität Wien, volle Sitzreihen, Temperatur und Luftfeuchtigkeit wie vor dem mittäglichen Gewitter in den tropischen Wäldern von Guinea. Endlich betritt der Mann die Bühne, auf den die schwitzende Menge wartet – kein Professor, kein Gastvortragender, kein Universitätsassistent. Sondern der Kabarettist Alfred Dorfer, inklusive dreiköpfiger Musikkombo und neuem Programm „fremd“.
Zum Einstieg ein paar zynische Bemerkungen über den Veranstaltungsort, die „gelungene Renovation“, die den Hörsaal in einem desaströsen Zustand hinterlassen hat, mit unverputzten Wänden, der Akustik einer Turnhalle und ohne funktionierender Lüftung. So was bringt Solidarität im Publikum, Lachen und Klatschen und somit ein wenig Luftzirkulation. Danke.
Das Audimax ist Dorfer auch aus der Perspektive der Zuseher vertraut: In den Achtzigerjahren begann er ein Studium der Theaterwissenschaft, brach ab, um die universitäre Karriere im Jahr 2005 wieder aufzunehmen und seine Diplomarbeit über das Kabarett in totalitären Regimes zu verfassen.
Ein wissenschaftlicher Kontext also, was Bühne und Lebenssituation betrifft. Wenn dann noch Gunkl alias Günther Paal, der für seine abstrakt-verworrenen Gedankengänge bekannt ist, beim Programm mitmischt, dann darf man sich zu Recht auf eine gewaltige Verhirnung gefasst machen:
Laut der Homepage von Alfred Dorfer geht es bei „fremd“ um die Fremdbestimmtheit durch Bilder, die mensch im Laufe seines Lebens internalisiert und als eigene anerkennt, ebenso um alternative Identitäten und die Suche nach dem Ich. Als ein Drittel der Musikkombo speit Günther Paal vom linken Bühnenrand gelegentliche Bonmots und um Effekt heischend philosophische Häppchen in den Raum. Smart? Sophisticated? Unweigerlich taucht ein Zitat aus dem Dorfer-Film „Freispiel“ auf – „intellektuelle Wichser in Schwarz“. Dabei bleibt das gesamte Programm unentschlossen in der Schwebe zwischen Philosophieren über die (Bedingungen der) Wahrnehmung und dem Schenkelklopfer, vor dem Dorfer eine (berechtige) Abscheu zeigt.
In Summe? Amüsanter als 99 Prozent und wissenschaftlicher als 10 Prozent der Auftritte, die sonst im Audimax der Uni Wien geboten werden.


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