Freitag, 24. Februar 2006

Von Blinden, Tauben und Spatzen

Die Geschichte, warum der Wunsch, Journalist zu werden, bescheuert ist und warum Finger in den Ohren durchaus ihre Berechtigung haben. Eine Glosse.

Oh mein Gott! Worauf habe ich mich da eingelassen? Hätte ich doch nur auf meine Eltern und meinen Mathematikprofessor, auf meinen Beichtvater und meine Großstrumpftante gehört! Jetzt hat es mir einer offenbart, der es besser wissen muss. Nämlich der Chef der Journalistengewerkschaft, Franz C. Bauer: „Kann man jemandem mit ruhigem Gewissen empfehlen, Journalist zu werden? Die Antwort lautet: Nein!“
Und er präsentiert triftige Argumente. Angesichts der höchsten Arbeitslosigkeit bei Journalisten. Angesichts mangelnder Angebote von schlecht bezahlten oder gänzlich unvergüteten Praktika, die in einem rechtlosen Raum stattfinden, da weder Medienrecht noch Haftungsklauseln geklärt werden. Angesichts einer Medienkonzentration, welche die Meinungsvielfalt und den Qualitätsjournalismus saharagleich verdorren lässt.
Schön langsam wünschte ich, ich hätte den goldenen Boden des Handwerks unter den Füßen anstatt vor Augen die Vision, jemals ein Redakteur bei einem Medium zu werden. All die Studienjahre, die Praktika, die Ambitionen in den Wind gesetzt? All das Erwerben des technischen Know How, der stilistischen Feinschleifereien, des intellektuell-elitären Gehabes letztlich für den sprichwörtlichen Hugo? Per aspera ad astra – nur humanistisch-idealistisches Wunschdenken? Das ist wohl hauptsächlich eines: herb wie ein Sack voller Hopfen!
Aber von solchen Ratschlägen aufhalten lassen? Garantiert nicht! Aus zweierlei Gründen: Erstens, als Journalist irgendjemanden auch nur irgendetwas zu glauben, ist der größte (Anfänger-)Fehler, den man machen kann. Selber nachrecherchieren, andere Leute befragen, dann schaut die Sache schon ganz anders aus.
Also habe ich zum Beispiel mit Anneliese Rohrer von der FH für Journalismus gesprochen. Und die sagt Praktika keilen, keilen, keilen. Und Erfahrung dazu, egal um welchen Preis.
Zweitens, vor Hindernissen zu kapitulieren ist nicht nur eine Untugend im Journalismus, sondern allgemein. Wenn man sie schon nicht überwinden kann, dann zumindest Alternativen suchen, Hintertüren, Eigeninitiative ergreifen. Kurzum: Frechheit siegt, und Kreativität hat auch noch keinem geschadet (abgesehen von Van Gogh, aber ob da die Kreativität schuld an der Geschichte mit seinem Ohr ist?).
Also: Danke für die gut gemeinten Ratschläge! Aber ich bleib bei meinem Samuel Beckett:

Schon mal versucht.
Schon mal versagt.
Macht nichts.

Wieder versuchen.
Wieder versagen.
Besser versagen.



Die Sendung zum Thema

Sendung 27.02.2006 - Abtreibung

Abtreibung ist im Großteil der westlichen Welt legal. Je nachdem, wie der politische Wind weht, wird diese Legalität aber immer wieder ganz gern in Zweifel gezogen. Und auch bei uns, wo es seit über 30 Jahren die Fristenlösung gibt, wollen sich nach wie vor manche Leute durch Herumstehen vor Abtreibungskliniken christlich profilieren. Jessica Lopez und Bernhard Lichtenberger nehmen die aktuelle Diskussion ums intelligente Design zum Anlass, sich mit dem Thema zu befassen. Welche medizinischen bzw. biologischen Gründe führten zu den drei Monaten der Fristenlösung, und wie viele Rosenkränze ist ein Tag vor der Abtreibungsklinik wert?

Ich muss hier ein wenig unter die Arme greifen...dem Herrn Bernhard Lichtenberger, mir selbst, und dem Thema.
Ein schweres und schwer angreifbares Thema. Wo anfangen zu fragen, und wo aufhören?
Seit über einem halben Jahr bastelt mein Kopf nun schon dran, aber ich hätte meine Hände jetzt immer noch nicht auf die heiße Herdplatte dieses Themas gelegt, wenn mir der Herr Kollege nicht zuvor gekommen wär. Für mich sind die psychischen Seiten immer eine ganz große Sache. Ich stelle mir immer die Frage nach dem Gefühl, bevor ich solche Themen angehe. Erstaunlich fand ich, daß sich mein Gefühl bezüglich des Themas bewahrheitet hat: Es ist meist nicht die Verkraftung der Abteibung danach, die der Frau Schaden und Schmerz bereitet, es ist die Situation davor. Man stelle sich nur vor (ich weiß, für Männer ist es schwer sich diese Dinge vors innere Auge zu rufen):
Es ist ein enormer Zeitdruck. Es herrscht Chaos in deinem Inneren. Vielleicht bist du Jung, oder noch nicht bereit, oder beides. Vielleicht hast du eine Ausbildung, eine Arbeitsstelle, ein Studium zu verlieren. Vielleicht hast du keinen Partner, oder einen Skeptiker, oder einen Pessimisten, oder zu viele Partner, oder es war ein anderer Grund, wie beispielsweise eine Vergewaltigung. Und deine Familie? Soll man es ihr überhaupt sagen? Stehen sie zu dir? Oder sagen sie dir wärend du dir einen Kuchen und einen Kaffee reinwürgst, daß es heute doch schon "Mittel und Wege gibt, das Ungewollte ungeschehen zu machen"?
Und genau zwischen all dem, bist Du mit Deiner Entscheidung. Das ist der Druck der wirklich wichtig ist. Darum finde ich geht es. Es geht hier um die Frauen. Um die Entscheidungen.
Ja, ich erwarte eine spannende Sendung. Viel Spaß beim Hören!

Zur Sendung...

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